Wie Schmerz wahrgenommen wird, ist von Person zu Person unterschiedlich. Einige fühlen sich so sehr beeinträchtigt, dass sie ihrem Alltag kaum nachgehen können. Unabhängig dessen, ob es sich beim Schmerz um eine kurze Beeinträchtigung oder um eine dauerhafte Einschränkung handelt, sollte die Wahrnehmung der PatientInnen ernst genommen und die Ursachen abgeklärt werden. Wenn sich der Schmerz verselbstständigt und das Gedächtnis dafür sorgt einen dauerhaften Schmerz hervorzurufen, geht es insbesondere darum, mit der Angst vor und mit dem Schmerz zu leben.
Den Schmerz austricksen
Erfreulicherweise kann man versuchen, den Schmerz auszutricksen. Denn Schmerzen entstehen im Gehirn. Die Informationen werden teilweise über ähnliche Nervenbahnen geschickt wie die alleinige Vorstellung derer. Sie können auf ihrem Weg, durch kognitive Prozesse und der Art und Weise wie wir mit der Umwelt interagieren, verändert werden. Daher schult man die Schmerzwahrnehmung bzw. das Loslassen an den Schmerzgedanken bestenfalls in einer Zeit, in der der Körper nicht akut mit Schmerz konfrontiert ist. „Wenn es ernst wird, kann man die Übungen reaktivieren. Wie beim Autofahren muss das Gehirn regelmäßig üben, um im Ernstfall darauf vorbereitet zu sein“, sagt Hos.
Übungen, die dem Schmerz die Aufmerksamkeit entziehen
Es lohnt sich, aus dem vielfältigen Reizangebot wählen zu können: Während bei Schmerz der Fokus im Inneren liegt, ist es wichtig, die eigene Aufmerksamkeit auf das Außen zu lenken. Ausgehend von dieser Wahrnehmungsgrundlage kann man mental einem Reiz den Fokus geben und einen anderen übergehen oder gar unterdrücken. Um diese Selektion zu schulen, bieten sich als Ablenkungsstrategie mehrmals die Woche an:
1) Aufmerksamkeit von innen nach außen lenken
Rufen Sie jemanden an!
Es mag banal klingen, aber je häufiger man trainiert den Schmerz auf etwas Anderes zu richten, desto eher wird es gelingen. Ebenso kann ein äußerer Reiz vom Schmerz ablenken, wie beispielsweise die Handgelenke mit kaltem Wasser zu spülen.
Eine solche Umleitung funktioniert auch mit Angst: Sie muss weichen, wenn man versucht auf einem Bein zu stehen. Da die Konzentration voll und ganz darauf fokussiert ist, das Gleichgewicht zu halten.
2) Schmerzgedanken durchbrechen
Zählen Sie anstelle von Schäfchen Songtitel ihrer Lieblingsinterpreten dem Alphabet nach auf!
Das „Ablenkungs-ABC“ hilft dabei, vor dem Zubettgehen die eigenen Gedanken zu koordinieren und den Stress des Tages hinter sich zu lassen. In der Schmerzsituation kann diese Ablenkungsstrategie behilflich sein. Neben Songtiteln bieten sich gleichermaßen Länder, Obstsorten oder Dinge, die man gerne macht, an.
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3) Bewusst atmen
Bewusste
Konzentration auf das Ein- und Ausatmen lenkt unsere Gedanken weg vom Schmerz und hin zur Atmung und sorgt gleichzeitig dafür, dass sich unsere Anspannungen lösen. Bewusst fünf Minuten lang kalte Luft einzuatmen und warme Luft abzugeben, erfordert höchste Konzentration und verdrängt somit den Fokus auf den Schmerz.
So vielfältig Schmerzen sind, sind auch ihre Behandlungen. Alarmsignale sitzen beispielsweis in der Haut, in den Organen oder im Rückenmark. Für jeden Bereich sind
neben einem Neurologen auch weitere FachärztInnen aus den
Bereich der Orthopädie oder
Inneren Medizin hinzuzuziehen, um die Ursache für den Schmerz zu diagnostizieren. Das Austricksen des Gehirns bei seiner Schmerzweitergabe kann ein erster Schritt sein, jedoch ersetzt es nicht das Arzt-Patienten-Gespräch sowie eine schmerztherapeutische Abklärung. Schmerz sollte man immer ernst nehmen.