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Corona: Wie geht es weiter?

Dr. Günther Malek
20.03.2020

Corona: Wie geht es weiter?

Die TRINICUM Gründer Dr. Günther Malek und Mag. Gerald Böss haben mittels medizinischer Informationen und anhand des aktuellen Verlaufs sozioökonomischer Einflussfaktoren sowie direkter Kontakte aus Asien ein Modell zur Zukunftsprognose entwickelt.


Damit Sie die Ausbreitung des Virus verstehen, möchte ich zuerst einiges zur Ansteckung klären. Hier gibt es viele Meldungen, die zu einer Verwirrung führen, denn die Ansteckung ist in jeder Hinsicht eine Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Ansteckung und Risiko: Die wichtigsten Fakten aus medizinischer Sicht

Die sogenannte Übertragungsrate zeigt an, wie viele weitere Menschen sich durchschnittlich an einer erkrankten Person anstecken. Das Corona-Virus hat eine Übertragungsrate von 2,4 - 3,2, d. h. dass sich an einer erkrankten Person durchschnittlich 2,4 bis 3,2 weitere Personen infizieren. Damit ist Corona ansteckender als die Grippe mit einer Übertragungsrate von 1,4 und weniger ansteckend als beispielsweise die Masern mit einer Rate von 14.

Wichtig: Das sind Durchschnittswerte bei einem „durchschnittlichen Sozialverhalten“. Durch die Anzahl und Intensität der sozialen Kontakte variiert die Übertragungsrate sehr stark. Darauf bauen die derzeitigen Maßnahmen auf.


Um mich persönlich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzustecken, muss eine relativ große Menge an Viren an meine Schleimhäute kommen. Theoretisch reicht natürlich auch ein einzelnes vermehrungsfähiges Virus aus, praktisch funktioniert das jedoch nicht. Hier wird oft das theoretische Risiko (jedes einzelne Virus kann mich infizieren) mit dem realen Risiko verwechselt. Es muss eben eine große Anzahl von Viren in den Körper dringen, um eine reale Ansteckungsgefahr zu erzeugen.

Der Hauptübertragungsweg des Corona-Virus ist die sogenannte Tröpfcheninfektion: Beim Sprechen, Schreien, Husten und Niesen strömen verschieden große Tröpfchen aus unserem Mund. Je größer die Tröpfchen, desto mehr Viren beinhalten sie. Und: Je kleiner die Tröpfchen sind, desto länger bleiben sie in der Luft. Bei Masern genügen die ganz kleinen unsichtbaren Aerosoltröpfchen, die über Stunden in der Luft bleiben können, um die Krankheit wirksam zu übertragen. Bei Corona brauchen wir mehr Viren und dementsprechend größere Tröpfchen, um die Krankheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu übertragen. Diese größeren Tröpfchen sinken rascher zu Boden.

So ist es leicht verständlich, warum sich im Ischgler Apres-Ski-Treiben das Virus so rasant verbreitet hat. Schon in der Bar beim Singen und forcierten Sprechen ist der Austausch von Speichel um ein Vielfaches höher als im Büroalltag. Was gibt es Schöneres für ein vermehrungswilliges Virus, als wenn mit DJ-Ötzi im Hintergrund möglichst nah am offenen Mund des Gegenübers gegrölt wird?

Eine zweite Variante ist das indirekte Übertragen durch Kontakt mit den Händen: Speichel mit Viren gelangt auf die eigenen Hände und von dort direkt oder indirekt, z. B. durch Türschnallen, auf die Hände des Gegenübers. Dieser befeuchtet dann zum Umblättern den Finger mit der Zunge. Hier gibt es Untersuchungen, dass sich das Virus über Wochen an Oberflächen hält. Für die Praxis scheint die Übertragung nicht so relevant, da die erforderliche Virusanzahl selten erreicht wird und dieser Weg durch Hygienemaßnahmen leicht zu unterbinden ist. Wer jemals Kleinkinder beobachtet hat, weiß, dass das nicht für Kindergärten gilt.

Die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung hängt neben persönlichen Faktoren wie Immunsystem, Zustand der Schleimhäute und auch genetischen Voraussetzungen vor allem von der Anzahl der übertragen vermehrungsfähigen Viren ab. Je höher die Zahl, desto wahrscheinlicher ist eine Ansteckung.

 Corona in Ö: Wie geht es weiter?

Wie lange müssen wir in dem Isolationsmodus bleiben? Werden noch härtere Maßnahmen kommen? Und wie kann das jemals enden?

Mit heute (19.03.20) sind ca. 2.000 Menschen in Österreich offiziell an Covid-19 erkrankt. Die Anzahl der Testungen wurde laut AGES deutlich erhöht, trotzdem ist die Rate der Neuinfektionen in den letzten Tagen von durchschnittlich 39 % (1.-15.03.20) auf ca. 25  % gesunken. Wir alle hoffen der Trend hält an, der wahrscheinlich durch die langsam eingesetzte allgemeine Verhaltensänderung ab Ende Februar bewirkt wurde. Die Gastronomie bemerkte schon Wochen vor der gesetzlichen Schließung ab 16.03.20 einen allmählichen Umsatzrückgang.

Die seit vergangenem Freitag gesetzten Maßnahmen werden voraussichtlich erst nach ca. 10 Tagen zu einer signifikanten Änderung der Neuerkrankungsstatistik führen.

Aus dem bisher bekannten Wissen zur Krankheit und den Statistiken aus China und Südkorea, ist mit einer weiteren Reduktion der Neuerkrankungen aufgrund der gesetzten Maßnahmen erst ab dem 25.03.20. zu rechnen. Dann erst wird es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zur Trendwende und damit zur erhofften exponentiellen Abnahme der Neuerkrankungen kommen. Die Anzahl der Erkrankten wird sich wiederum erst ab Ende April reduzieren, da sich die meisten in Österreich zwischen dem 1.3. und 13.3. angesteckt haben und diese erst 5- 6 Wochen später als geheilt bezeichnet werden können.

COVID-19 Neuinfektionen in Ö Verlauf und Prognose / Trinicum GmbH

Diese Grafik zeigt den bisherigen Verlauf in Österreich und die möglichen Konsequenzen der bisherigen Maßnahmen für die mögliche weitere Entwicklung. Die Zahlen sind ohne Dunkelziffer.

10.000 Erkrankte und damit ca. 500 Beatmungspflichtige würde das österreichische Gesundheitswesen vermutlich gut versorgen können. Der Anteil der Patienten, die intensivmedizinisch versorgt werden müssen, hängt auch stark von der Altersstruktur der Infizierten ab.

COVID-19 Neuinfektionen Österreich vgl. S. Korea / Trinicum GmbH

Der in Grafik 1 gezeigte Verlauf in Österreich korreliert stark mit dem in Südkorea, wo die Neuerkrankungen bereits stark rückläufig sind.

Wie wird es in Österreich weitergehen?

Es ist anzunehmen, dass die strikten Maßnahmen in Österreich noch einige Wochen weiter bestehen werden und frühestens um die Osterzeit oder sogar erst im Mai etwas gelockert werden.

Und dann?

Das Virus wird dann in Österreich sicher nicht eliminiert sein. Das wird unter den derzeitigen Voraussetzungen auch nie geschehen. Aus Perspektive der öffentlichen Gesundheit geht es auch nicht darum, dass sich niemand ansteckt. Ziel ist vielmehr die Ansteckungsrate dauerhaft unter dem Faktor 1 zu halten. Das bedeutet: Jeder Erkrankte steckt im Durchschnitt weniger als eine weitere Person an und die Verbreitung nimmt ab.

China und andere asiatische Länder haben das durch eine Reihe von Maßnahmen erreicht, die weniger einschneidend sind als die ursprünglichen massiven Einschnitte:

  • Quarantäne und Disziplin bei Verdacht auf Erkrankung. Menschen mit Verdacht auf eine Corona-Infektion und auch deren nahes Umfeld müssen sich konsequent isolieren.
  • Reduzieren der Dichte in öffentlichen Verkehrsmitteln.
  • Schließung von Lokalen mit engem Kontakt und lauter Musik.
  • Generell distanzierteres Verhalten im allgemeinen Umgang „Ein Meter Abstand".
  • Allgemeine Hygienemaßnahmen verstärken.
  • Diverse Maßnahmen in Schulen
  • Beschränkungen bei Veranstaltungen

Das könnte auch bei uns ausreichen, um ab Mai die Verbreitung der Krankheit zu reduzieren und dauerhaft deutlich unter 10.000 Erkrankten zu bleiben. Das ist die Zahl, die unser Gesundheitssystem noch ausreichend versorgen kann. 

Wie sich die Situation in anderen europäischen Ländern und der Welt entwickeln wird, ist derzeit nicht abschätzbar. In Österreich scheint die Situation trotz gewisser Unsicherheiten und einer Dunkelziffer gut überschaubar und es ist unwahrscheinlich, dass noch größere Nester mit vielen unentdeckten Fällen existieren. Anders ist das in Ländern mit deutlich schlechterem Gesundheitssystem und abgekapselten ethnischen sowie sozialen Gruppen. Hier ist schon eine Beurteilung der derzeitigen Situation kaum möglich. So war im Fall der USA und UK schon am Wochenende klar, dass die Zahlen nicht stimmen und es eine enorme Dunkelziffer geben muss.

Wenn also in Österreich ein der Normalität angenähertes Leben im Sommer wahrscheinlich scheint, werden die Reisefreiheit und der internationale Austausch wohl noch länger eingeschränkt sein.

Meine heranwachsenden Kinder spüren nun nach fünf Tagen die Nachteile des „Homeschoolings" deutlich. Ich muss Ihnen jetzt erklären, dass die soziale Isolation mit ihren Eltern noch andauern wird und wir uns auf einen Sommer mit Urlaub am Bauernhof vorbereiten. 

 

Mit einer Überlegung, wie es dann weitergeht und wie es mit einem wirksamen Medikament oder einer Impfung aussieht, melden wir uns demnächst.

Datenquellen: www.sozialministerium.at, ww.who.int, www.worldometers.info, www.statista.de

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